LITERATURABEND – MELUN, ENVER ČOLAKOVIĆ

Viele Leserinnen und Leser sind mit dem Werk Enver Čolakovićs durch seinen Roman Die Legende von Ali-Pascha in Berührung gekommen. In unserem “Lesekreis” sprechen wir über seinen Roman Melun, der keinen leichten Weg bis zu uns Leserinnen und Lesern hatte. Vom Verlust des Romans und der Gefahr, dass er im Krieg zerstört wird, bewahrte ihn Hamid Dizdar, der Bruder unseres großen Dichters aus Stolac, Mak Dizdar. Das Manuskript des Romans wurde im Haus von Čolaković in Sarajevo gefunden. Bis zum letzten Jahr war der Roman nie veröffentlicht worden, sodass er, neunzig Jahre nach seiner Entstehung und fünfzig Jahre nach dem Tod des Autors, endlich das Licht der Welt erblickte und mit seinen 630 Seiten die Leserinnen und Leser erreichte.

Der Roman wurde in den Zwanzigern des Autors geschrieben, und Čolakovićs Wissen in verschiedenen Bereichen wie Geschichte, Soziologie, Linguistik, Politik, Wirtschaft und Recht, das er in diesen Roman einfließen lässt, ist faszinierend. Der Autor selbst sagte über den Roman: „Der Grundgedanke von Melun – dass ein Mensch, der von der Leidenschaft zur Kapitalakkumulation vergiftet ist, sich nicht aus eigenem Willen ändern und umerziehen kann, sondern dass dafür eine grundlegende Veränderung des Gesellschaftssystems erforderlich ist – ist meiner Meinung nach im Roman plastisch genug dargestellt, ebenso wie die Illustration der wirtschaftlichen Krisenzeit, aus der Faschismus und Nationalsozialismus hervorgingen und die heute historisch ist.“

Enver Čolaković wurde 1913 in Budapest geboren und starb 1976 in Zagreb. Er war ein bekannter bosnisch-herzegowinischer Erzähler, Dichter, Dramatiker und Übersetzer. Mathematik und Physik studierte er in Budapest und Belgrad, und Geschichte schloss er an der Philosophischen Fakultät in Zagreb ab. Seine Werke wurden ins Ungarische, Deutsche und Türkische übersetzt.